Die Staatsanwaltschaft wurde mit Strafanzeigen befasst, die am 1. Juli 2019 vom Migros-Genossenschaft-Bund und am 16. Juli 2019 von der Migros-Genossenschaft Neuchâtel-Fribourg eingereicht wurden.
Diese auf umfangreichen von einer Anwaltskanzlei und einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen voranalysierten Strafanzeigen bezogen sich auf zwei Baustellen in Belfaux und La Roche betreffend Filialen, die von der Migros gemietet werden. Die erste Baustelle wurde von der Anura AG geleitet, die von Damien Piller geführt wurde, und die zweite von der Constructor AG, die einige Monate nach Abschluss der Arbeiten an Damien Piller abgetreten wurde. Im Rahmen dieser Projekte wurde zwischen der Migros und diesen Firmen je ein Generalunternehmervertrag abgeschlossen, wodurch die Migros verpflichtet wurde, ihren Vertragspartnern CHF 800'000.00 inkl. 8% MwSt. als «Beitrag an den Bau der für die Unterbringung der Migros notwendigen Infrastrukturen» zu bezahlen. Die Vertragspartner ihrerseits verpflichteten sich, den technischen Baubeschrieb, der den Zustand definiert, in dem Räumlichkeiten der Migros zur Verfügung gestellt werden müssen, strikt einzuhalten und die unter der Rubrik «Arbeiten zu Lasten des Vermieters» erwähnten Arbeiten zu übernehmen. Es sei an dieser Stelle klargestellt, dass die Vermieter Drittgesellschaften waren.
Aufgrund des auf den ersten Blick ungewöhnlichen Charakters dieser Vereinbarungen wurde am 28. Oktober 2019 ein Strafverfahren gegen Damien Piller und die ehemalige Geschäftsführerin wegen qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung, eventuell Betrug eröffnet. Die Staatsanwaltschaft erliess einen Durchsuchungsbefehl und mehrere Herausgabeverfügungen. Die Polizei hat verschiedene Einvernahmen durchgeführt und die beschlagnahmten Unterlagen analysiert. Das Telefon der ehemaligen Geschäftsführerin der Migros Neuchâtel-Fribourg wurde abgehört. Ein Anzeigerapport wurde am 13. April 2021 eingereicht.
Zwischen dem 7. Juli 2021 und dem 16. August 2022 hat die Staatsanwaltschaft verschiedene Einvernahmen durchgeführt.
Am Ende der Strafuntersuchung ist die Staatsanwaltschaft der Ansicht, dass dieser Fall ausschliesslich zivilrechtlichen Charakter hat. Um Damien Piller eine qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung vorwerfen zu können, hätte er zumindest von der Gehilfenschaft der ehemaligen Geschäftsführerin profitieren müssen, da er als Verwaltungspräsident nicht befugt war, für die Migros Neuchâtel-Fribourg vertragliche Verpflichtungen einzugehen. Die Geschäftsführung hat die Verträge unterschrieben und die Zahlungen genehmigt. Die Untersuchung ergab jedoch keine Beweise für eine rechtswidrige Beteiligung der Geschäftsführerin oder eines anderen einflussreichen Mitglieds der Geschäftsführung.
Die Untersuchung hat ebenfalls ergeben, dass die von Damien Piller vorbereiteten strittigen Verträge den Mitgliedern der Geschäftsleitung der Migros Neuchâtel-Fribourg in Form eines Entwurfs vorgelegt wurden, worauf keine Bemerkungen gemacht wurden. Am Ende stellte sich heraus, dass nur wenige, oberflächliche Überprüfungen vorgenommen wurden.
Da Damien Piller nicht über die für die ungetreue Geschäftsbesorgung notwendige Selbständigkeit in der Verwaltung fremden Vermögens verfügte, er die ehemalige Geschäftsführerin nicht zu betrügerischen Handlungen angestiftet hat und es kein Lügengebäude gab, das auf Betrug schliessen lässt, stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Ob die Verträge nur zugunsten von Damien Piller abgeschlossen worden sind oder ob es eine Gegenleistung für die Migros gegeben hat, ist von den Zivilgerichten zu entscheiden.
Die am 9. Januar 2023 erlassene Einstellungsverfügung zu Gunsten von Damien Piller und der ehemaligen Geschäftsführerin wegen qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung und Betrug ist noch nicht rechtskräftig; sie kann bei der Strafkammer des Kantonsgerichts mit Beschwerde angefochten werden.
Fabien GASSER
Generalstaatsanwalt