Am 5. April 2022 teilte die Staatsanwaltschaft mit, im Zusammenhang mit dem Buch «Secrets et confidences d’un président» ein Strafverfahren gegen den ehemaligen Staatsrat Georges Godel und den Journalisten Jean-Marc Angéloz eröffnet zu haben.
Zwischen dem 19. April 2022 und dem 31. Januar 2023 wurden Einvernahmen von der Polizei und der Staatsanwaltschaft durchgeführt.
Die Untersuchung ergab, dass sich der Journalist, welcher eine Reihe von Gesprächen führen und in der Folge ein Buch verfassen wollte, auf seinen eigenen Vorschlag hin mit dem Staatsrat Godel und der Staatskanzlerin im Herbst 2017 getroffen hat. Gegenstand des Gesprächs waren die Risiken dieses Projekts, die einzuhaltenden Grenzen, die Bedingungen und das dem Projekt zugrundeliegende Vertrauensprinzip. In der Folge fanden 44 Gespräche zwischen Januar 2018 und Oktober 2021 statt, bei denen Georges Godel sich jeweils alleine mit Jean-Marc Angéloz in seinem Büro getroffen oder sich mit ihm per Videokonferenz unterhalten hatte. Dabei enthüllte er ihm mündlich nicht öffentlich bekannte Tatsachen, von denen er aufgrund seiner Funktion als Staatsrat Kenntnis erlangt hatte, übergab oder zeigte ihm vertrauliche Dokumente, deren Einsichtnahme die Durchführung des vom Gesetz über die Information und den Zugang zu Dokumenten vorgesehenen Verfahrens voraussetzte und legte ihm vertrauliche Informationen über nicht öffentlich bekannte Tatsachen vor.
Die Staatsanwaltschaft ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass sich Georges Godel mehrfach der Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 320 des Strafgesetzbuches) strafbar gemacht hat. Obwohl der vorgenannte die Taten mit dem Ziel der Förderung der Transparenz begangen hatte, um die Politik der Öffentlichkeit zugänglicher zu machen, wird ihm doch vorgeworfen, dass er diese zahlreichen Amtsgeheimnisverletzungen begangen hatte, ohne sich vorgängig über die Grenzen des Tolerierbaren zu erkundigen. Mit Strafbefehl vom 23. März 2023 wurde Georges Godel mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (zu CHF 300.00) mit einer Probezeit von 2 Jahren und mit einer zusätzlichen Busse von CHF 2'500.00 bestraft. Der ehemalige Staatsrat verfügt über eine Frist von zehn Tagen ab der Zustellung des Strafbefehls, um dagegen Einsprache zu erheben.
Die Staatsanwaltschaft hielt im Übrigen fest, dass Jean-Marc Angéloz Georges Godel angestiftet hatte, sein Amtsgeheimnis zu verletzen, indem er ihm das Gesprächs- und Buchprojekt vorschlug, ihm schmeichelte, ihn ermutigte sich ihm völlig anzuvertrauen und nach Bedarf bei ihm nachhakte, um die gewünschten Informationen zu erhalten. Jean-Marc Angéloz hat die Offenbarung von vertraulichen Informationen durch Georges Godel aktiv bewirkt, ohne sich um das Amtsgeheimnis zu kümmern. Mit Strafbefehl vom gleichen Tag wurde er der Anstiftung zur wiederholten Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 24 i.V.m. 320 des Strafgesetzbuches) für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen (zu CHF 50.00) mit einer Probezeit von 2 Jahren sowie zu einer zusätzlichen Busse von CHF 1'500.00 verurteilt. Die zehntägige Einsprachefrist ist nicht abgelaufen.
Die Strafbefehle werden den Medien nicht zur Verfügung gestellt. Sie werden nach ihrem allfälligen Eintritt der Rechtskraft bei der Staatsanwaltschaft eingesehen werden können.
Fabien GASSER
Generalstaatsanwalt