Der Freiburger Staatsrat schliesst sich Bundesrat und Parlament an und empfiehlt, die Initiative für Steuerabzüge auch für Eltern, die ihre Kinder selber betreuen, an der Volksabstimmung vom 24. November 2013 abzulehnen.
1.1. Einschneidende finanzielle Auswirkungen
Die Initiative hätte logischerweise erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte. Bei der direkten Bundessteuer hätte sie nach Schätzungen des Bundes jährlich Einbussen in Höhe von rund 390 Millionen zur Folge, falls der Pauschalabzug auf der Grundlage des gegenwärtig abzugsfähigen Höchstbetrags berechnet würde. Eine Umfrage bei den Mitgliedern der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren hat ergeben, dass bei den Kantons- und Gemeindesteuern mit Steuerausfällen von fast einer Milliarde Franken zu rechnen wäre. Für den Kanton Freiburg würde dies eine Steuereinbusse von mehr als 30 Millionen Franken (Kanton und Gemeinden) bedeuten. Um diese Einbusse abzufedern, müssten wohl die aktuellen Kinderbetreuungsabzüge deutlich gekürzt werden.
1.2. Initiative ungerecht und unsozial
Seit dem 1. Januar 2011 haben wir mit der Einführung des Abzugs für Fremdbetreuungskosten ein gerechteres System für berufstätige und gegebenenfalls auf ihrem Erwerbseinkommen besteuerte Eltern gegenüber denjenigen Familien, die ihre Kinder selber betreuen. So können bei der direkten Bundessteuer die nachgewiesenen Kosten, jedoch höchstens 10 100 Franken pro Jahr, für die Drittbetreuung jedes Kindes abgezogen werden. Auch die Kantone haben einen Abzug für Kinderfremdbetreuungskosten zu gewähren, können den Höchstbetrag jedoch frei wählen. In Freiburg können 6000 Franken pro Kind abgezogen werden (einen solchen Abzug von anfänglich maximal 2000 Franken pro Kind gibt es seit 1. Januar 2001).
Es handelt sich dabei also nicht um einen Pauschalabzug für Kinderbetreuungskosten, sondern um einen Abzug für die tatsächlichen Fremdbetreuungsausgaben der Eltern. Eltern, die ihre Kinder selber betreuen wollen, verzichten zwar auf ein zusätzliches Einkommen, wenn nur ein Elternteil berufstätig ist, haben dafür aber auch keine Mehrausgaben. Aus steuersystematischer Sicht gibt es keine Rechtfertigung für einen Abzug von Kosten für nicht geleistete Ausgaben. Im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit der Betreuungskosten unterscheiden sich die beiden Ausgangslagen ganz grundlegend voneinander, und es kann schwerlich von Ungleichbehandlung gesprochen werden.
Die Initiative schiesst mit der für den Staatsrat unerwünschten Favorisierung eines bestimmten Familienmodells über ein eigentliches steuerrechtliches Ziel hinaus. Mit einem Steuerabzug auch für Eltern, die ihre Kinder selber betreuen, würde die öffentliche Hand eine ganz private Aktivität finanzieren. Ausserdem zahlt heute nur etwa die Hälfte der Familien mit Kindern direkte Bundessteuern. Aufgrund der Steuerprogression fallen die Abzüge bei hohen Einkommen stärker ins Gewicht, und so profitieren vor allem wirtschaftlich gut situierte Familien von der Initiative.
1.3. Komplexe Realität wird das Steuersystem nicht vereinfachen
Sollte die Initiative angenommen werden, so wäre die Umsetzung des neuen Gesetzes angesichts der individuellen familiären Gegebenheiten und der Vielfalt möglicher Szenarien gerade mit unterschiedlichen Beschäftigungsgraden sicher schwer zu bewerkstelligen. So ist im Fall einer Familie, bei der beide Elternteile zu je 50% berufstätig sind und zu je 50% ihre Kinder betreuen, nicht klar, wie der Steuerabzug berechnet werden müsste. Die Initiative geht auch nicht auf den sehr häufigen Fall ein, in dem berufstätige Eltern ihre Kinder kostenlos von den Grosseltern betreuen lassen. Unerwähnt bleibt auch der Fall, in dem beide Elternteile zu 100% berufstätig sind, aber mit alternierenden Arbeitszeiten, die es ihnen ermöglichen, ihre Kinder selber zu betreuen. Unabhängig vom jeweiligen Familienmodell zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Volksinitiative das aktuelle Steuersystem nicht vereinfachen wird.
Die Familieninitiative führt zu erheblichen Steuerausfällen für den Kanton und begünstigt die hohen Einkommen
Der Staatsrat empfiehlt die Volksinitiative "Familieninitiative: Steuerabzüge auch für Eltern, die ihre Kinder selber betreuen" zur Ablehnung. Er führt ins Feld, dass diese neuen Abzüge für den Kanton Freiburg erhebliche finanzielle Einbussen zur Folge hätten.Nach Ansicht der Regierung ist nach dem geltenden System eine steuerliche Gleichbehandlung punkto Kinderbetreuung gewährleistet, und bei Annahme der Initiative kommt es zu einem erneuten Ungleichgewicht, indem Familien mit hohem inkommen begünstigt werden.
Veröffentlicht am 08. November 2013 - 14h00 Archiviert
Herausgegeben von Staatsrat des Kantons Freiburg
Letzte Änderung: 08.11.2013 - 14h00