Mit dem im September 2014 verabschiedeten Schulgesetz hat die Schule einen "erneuerten" Gesetzesrahmen erhalten, der die Rahmenbedingungen schafft und die Instrumente bereitstellt, damit sie sich laufend anpassen und weiterentwickeln kann. Mit 160 Artikeln, aufgeteilt auf 12 Kapitel, konkretisiert das am 19. April vom Staatsrat genehmigte Reglement das Schulgesetz unter anderem in folgenden Bereichen: Schülertransporte, Erlernen der Partnersprache, Sonderurlaube, Klassenbestände, Elternrat sowie neue Unterstützungsmassnahmen. Das Vernehmlassungsverfahren erbrachte 157 Stellungnahmen, die in einem Bericht zusammengefasst wurden. Auch wenn einige Bestimmungen des Reglementsentwurfs bisweilen Reaktionen oder Befürchtungen auslösten, auch noch nach Abschluss der Vernehmlassung, fanden die Bestimmungen insgesamt breite Zustimmung. Der Vernehmlassungsbericht zeigt auf, zu welchen Bestimmungen besonders viele Anmerkungen oder unterschiedliche Ansichten vorgebracht wurden. Er erläutert zudem die Argumente, auf die sich die EKSD bei ihrem Entscheid für den einen oder anderen Vorschlag stützte oder aber an ihrem Entscheid festhielt. Er wird am 20. April 2016 um 12 Uhr auf der Webseite der EKSD (http://www.fr.ch/dics/de/pub/index.cfm) aufgeschaltet.
Die interne Arbeitsgruppe der EKSD, die das Reglement im Anschluss an die Vernehmlassung überarbeitet hat, versuchte einen Ausgleich zwischen den beiden Sprachregionen des Kantons, der Primarschule und der Orientierungsschule, den Rechten und Pflichten sämtlicher Partner der Schule sowie deren Aufgaben zu finden.
Schulleiterinnen und Schulleiter der Primarschule sowie Schuldirektorinnen und Schuldirektoren der Orientierungsschule
Aufgrund der an Orientierungsschulen gesammelten Erfahrungen und der Erkenntnisse aus den langjährigen Projekten zur Schulleitung auf der Primarstufe führt das Schulgesetz eine Schulleiterin bzw. einen Schulleiter an der Spitze sämtlicher Schulen ein. Wie die Direktorin oder der Direktor einer Orientierungsschule ist die Primarschulleiterin oder der Primarschulleiter zuständig für die Organisation, den Betrieb und die Verwaltung der Schule, für die Personalführung, für die Unterrichts- und Erziehungsqualität sowie für die Zusammenarbeit mit sämtlichen Partnern der Schule. Sie oder er unterstützt die Lehrkräfte in der Erfüllung ihrer Aufgaben. Angesichts der Vielzahl und Wichtigkeit der im Reglement sowie in einem Pflichtenheft festgelegten Aufgaben, welche die Schulleitungen zu erfüllen haben, ist es nicht möglich, einen Beschäftigungsgrad unter 50 % vorzusehen. Die Schulleitung ist somit eine der Schuldirektion der Orientierungsschule gleichgestellte Schulbehörde.
Neu organisierte Inspektoratskreise
Das neue Schulgesetz macht eine Reorganisation der Inspektoratskreise im Kanton erforderlich, da ein Teil der Aufgaben der Primarschulinspektorinnen und Primarschulinspektoren an die Schulleitungen übertragen werden. Die Inspektoratskreise werden neu auf die gesamte obligatorische Schulzeit ausgerichtet, also die Schuljahre 1H bis 11H (1. bis 3. Zyklus): Somit werden die Schülerinnen und Schüler während ihrer gesamten obligatorischen Schulzeit von ein und derselben Struktur betreut.
Die Funktion der Schulinspektorinnen oder Schulinspektoren wird neu definiert. Sie sind nun die direkten Vorgesetzten der Schulleiterinnen und Schulleiter sowie der Schuldirektorinnen und Schuldirektoren. Sie sind verantwortlich für die Qualität des Schulbetriebs und des erteilten Unterrichts sowie für die pädagogische, didaktische, erzieherische und organisatorische Entwicklung der Schule.
Schaffung einer Kommission für Schülerbestände
Die Klassenbestände sind im Schulwesen ein heikles Thema. Angesichts der heutigen pädagogischen Anforderungen im Zusammenhang mit den Zielen der Lehrpläne, der Differenzierung und der Integration von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bildungsbedarf sowie der gesellschaftlichen Veränderungen wünschen die meisten Schulpartner eine Verringerung der Klassenbestände.
Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den Realklassen wird von 23 auf 21 verringert. Dagegen wurden die Schwellenwerte für die Gewährung eines Halbklassenunterrichts in gestalterischen Aktivitäten (ab 16 Schüler/innen anstelle von 14), in Hauswirtschaft (ab 16 anstelle von 14) und in Informatik (ab 24 Schüler/innen bzw. 20 für die Realklassen) erhöht.
Für die Bestände der Primarklassen ist im Reglement die Schaffung einer Kommission für Schülerbestande vorgesehen, welche die Situation der Schulkreise jeweils prüft, wenn Klasseneröffnungen oder -schliessungen anstehen. So könnte gestützt auf die Ziele des Staatsrats von den in den Artikeln 44 und 45 festgelegten Klassenbeständen abgewichen werden. In diesem Fall würde die Direktion die Stellungnahme der Kommission für Schülerbestände einholen. Die Kommission für Schülerbestände ist ein beratendes Organ, bestehend aus einer Vertreterin oder einem Vertreter der Berufsverbände der Primarlehrpersonen jeder Sprachgemeinschaft, einer Vertreterin oder einem Vertreter der Gemeinden jeder Sprachregion sowie den Amtsvorsteherinnen und Amtsvorstehern der Ämter für obligatorischen Unterricht. Das Sekretariat wird von der Direktion gewährleistet. Können die vom Staatsrat gestellten Ziele realistisch nicht erreicht werden, so teilt die Direktion dies dem Staatsrat mit.
Die Klassengrösse ist ein wichtiger Faktor, den es zu beachten gilt, jedoch nicht der einzige. Die Homogenität oder Heterogenität einer Gruppe, die Frage, ob sie Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen, mit ernsthaften Lernschwierigkeiten oder Verhaltensproblemen aufweist, der Grad der Selbständigkeit der Schülerinnen und Schüler und ihr Alter sind Parameter, die ebenfalls zu berücksichtigen sind.
Klar definierte Rollen und Zuständigkeiten für die Eltern und die Schülerinnen und Schüler
Die Zusammenarbeit von Eltern und Schule wurden im Schulgesetz völlig neu überdacht, um eine engere Zusammenarbeit zwischen den beiden Partnern zu begünstigen. Im Reglement ist ein Kapitel der Information und Mitwirkung der Eltern gewidmet, wobei deren Rolle präzisiert wird. Die Gemeinden haben bis zum 1. August 2018 Zeit, die Elternräte in Zusammenarbeit mit den Schulleitungen zu bilden (ein Elternrat pro Schule oder Schulkreis). Die Einzelheiten dazu werden im kommunalen Schulreglement geregelt. Die Schulleitungen und die Gemeinden werden den Elternrat zu Themen befragen, die die Zusammenarbeit Schule-Eltern, das Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lernbedingungen betreffen. Er hat jedoch keine Entscheidungsbefugnis und befasst sich nicht mit Einzelfällen, die die Schülerinnen und Schüler oder das Personal der Schule betreffen.
Die Rechte und Pflichten der Schülerinnen und Schüler sind neu präzise festgelegt: Die Schülerin-nen und Schüler werden über das allgemeine Klassen- und Schulleben informiert und mit einbe-zogen. Sie haben zudem die Möglichkeit, ihre Meinung zu äussern und Vorschläge zu machen.
Verstärkte Förderung des Erlernens der Partnersprache
Es werden Instrumentarien für das verstärkte Erlernen der Partnersprache festgelegt: Organisation von Sprachaustauschen, Einführung von Unterrichtssequenzen in der Partnersprache, Bildung zweisprachiger Klassen oder Gewährung eines 12. partnersprachlichen Schuljahres. Diese Massnahmen werden weiterentwickelt und gefördert.
Unterstützungsmassnahmen nach Bedarf
Jedes Kind hat das Recht, einen Unterricht zu erhalten, der seinem Alter und seinen Fähigkeiten entspricht. In diesem Sinn unterstützt und fördert die Schule Schülerinnen und Schüler mit besonderen schulischen Bedürfnissen mit geeigneten pädagogischen Massnahmen. Eine Früherkennung von Entwicklungsauffälligkeiten wird ab Schuleintritt durch die Lehrpersonen vorgenommen. Diese passen als erstes ihre pädagogischen Methoden an. Wo dies nicht ausreicht, können den Schülerinnen und Schülern Unterstützungsmassnahmen gewährt werden, die im Reglement detailliert aufgelistet sind. Dabei handelt es sich einerseits um Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten und andererseits um solche, die besonders leicht lernen oder besondere Fähigkeiten aufweisen (Hochbegabte), aber auch um fremdsprachige Schulkinder, solche mit langer Schulabwesenheit infolge Krankheit oder Unfall oder um Schulkinder mit einer Behinderung. Diese Bestimmung gilt auch für sportlich talentierte oder künstlerisch begabte Schülerinnen und Schülern, damit sie ihre schulische Ausbildung mit der intensiven Ausübung einer sportlichen oder künstlerischen Tätigkeit verbinden können.
Die niederschwelligen sonderpädagogischen Massnahmen können auch individuell, in einer kleinen Gruppe von Schülerinnen und Schülern oder in einer Förderklasse erteilt werden.
Ein für das Lernen günstiges Klassen- und Schulklima
Ein gutes Schulklima hängt eng zusammen mit der Lebensqualität an der Schule, die sich durch harmonische zwischenmenschliche Beziehungen, ein Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens sowie der Zugehörigkeit und der Achtung gemeinsamer Regeln und Werte auszeichnet. Die an den Schulen gelegentlich festgestellten Verhaltensschwierigkeiten von Schülerinnen und Schülern zeigen, wie wichtig die Autoritätsfunktion der Schule und ein strukturierter Rahmen für die Erziehung von Kindern sind, damit die Lehrpersonen ihren Auftrag wahrnehmen können. Diese Autoritätsfunktion kann nur dann sinnvoll ausgefüllt werden, wenn sie sowohl erzieherische wie auch disziplinarische Massnahmen zulässt. Das Reglement sieht eine Reihe von Verboten vor. Je nach Schwere einer Regelverletzung erhält die Schulleitung oder die Schulinspektorin bzw. der Schulinspektor die Befugnis, Strafen zu verhängen. Ein Verweis, eine erzieherische Massnahme im Umfang von höchstens 18 Stunden, ein teilweiser oder vollständiger Ausschluss vom Unterricht für höchstens zwei Wochen fällt künftig in die Zuständigkeit der Schulleitung. Der Schulinspektorin oder dem Schulinspektor obliegt es, einen teilweisen oder vollständigen Ausschluss vom Unterricht für höchstens vier zusätzliche Wochen pro Schuljahr anzuordnen. Bei der Abklärung des Sachverhalts wird die Schülerin oder der Schüler angehört.
Neue Modalitäten für den Übertritt von der Primarschule in die Orientierungsschule
Die Orientierungsschule umfasst drei Klassentypen (Progymnasialklassen, Sekundarklassen, Realklassen). Die Gliederung erlaubt es, einen schulischen Rahmen und eine pädagogische Begleitung anzubieten, die auf die Bildungsbedürfnisse der jeweiligen Schülerinnen und Schüler zugeschnitten sind. In einem Übertrittsverfahren von der Primarschule in die Orientierungsschule wird der Klassentypus bestimmt, in dem die pädagogische Betreuung den Kenntnissen und Fähigkeiten der Schülerin oder des Schülers am besten entspricht. Die bisher verwendeten 4 Indikatoren werden beibehalten. Im Reglement wird nun verfügt, dass die Schülerin oder der Schüler keine Zuweisungsprüfung mehr ablegen muss, wenn die ersten drei Indikatoren (Empfehlung der Lehrperson, Empfehlung der Eltern und der Schülerin oder des Schülers, sowie Noten des ersten Semesters) übereinstimmen. Diese neue Regelung gilt für die französischsprachigen Schülerinnen und Schüler ab Schuljahresbeginn 2016/17 und die Übergangsbestimmungen für die deutschsprachigen Schülerinnen und Schüler bis zur Implementierung des Lehrplans 21. Während dieser Übergangszeit werden sämtliche deutschsprachigen Schülerinnen und Schüler die Zuweisungsprüfung ablegen. Diese zählt aber nur dann, wenn die ersten drei Kriterien nicht übereinstimmen.
Die Zuweisung des Klassentypus hat keinen endgültigen Charakter. Je nach den schulischen Ergebnissen bleibt ein Wechsel des Klassentypus während der gesamten OS möglich. Während des 1. OS-Schuljahres kann der Klassentypus jederzeit gewechselt werden, im 2. und 3. OS-Schuljahr jeweils am Ende eines Semesters. Die Schülerinnen und Schüler der deutsch- wie auch der französischsprachigen Sekundarklassen können zudem ins Gymnasium eintreten, wenn sie in bestimmten Fächern eine Mindestnote erreichen.
Ein neues Reglement zum Schulgesetz
Der Staatsrat hat das Reglement zum Schulgesetz am 19. April angenommen. An der Ausarbeitung dieses Dokuments, welches das am 9. September 2014 verabschiedete Schulgesetz in wichtigen Punkten konkretisiert, haben sämtliche Partner der Schule mitgewirkt. Nebst einer Reorganisation der Inspektoratskreise und der Einführung von Schulleitungen auf Primarstufe werden die Verantwortlichkeiten und Rollen aller Schulpartner klar festgelegt. Auch wenn einige Bestimmungen des Vorentwurfs des Reglements manchmal intensive Debatten auslösten, stiess der Entwurf insgesamt auf breite Zustimmung. Das Reglement wird am 1. August 2016 in Kraft treten.
Veröffentlicht am 20. April 2016 - 11h45
Herausgegeben von Direktion für Bildung und kulturelle Angelegenheiten
Letzte Änderung: 20.04.2016 - 11h45