Heute hat der Staatsrat dem Grossen Rat seine revidierte Vollzugsplanung 2016–2026 und den Bericht zum Postulat «Schliessung des Zentralgefängnisses und Schaffung eines Strafjustizzentrums überwiesen. Die Justizkommission hatte das Postulat im Februar 2018 eingereicht. Die beiden Geschäfte sind eine Folge der Administrativuntersuchung, die nach dem Ausbruch eines Gefangenen aus dem Zentralgefängnis 2017 angeordnet worden war. Die Untersuchung brachte namentlich die infrastrukturellen Schwachstellen des Gebäudes ans Licht und empfahl seine Ersetzung und insbesondere seine Entfernung aus dem urbanen Zentrum.
Die Sicherheits- und Justizdirektion ergriff die Gelegenheit, um eine neue Erfassung des Freiburger Gesamtbedarfs im Vollzugsbereich vorzunehmen und die Vollzugsplanung 2016–2026, die der Staatsrat im Dezember 2015 beschlossen hatte, auf den neusten Stand zu bringen. Daraus geht hervor, dass die aktuelle Vollzugskapazität von rund 300 Plätzen, die auf die Standorte Bellechasse (200) und Zentralgefängnis (100) verteilt sind, ausreicht. Allerdings sind dringend umfangreiche Bauarbeiten erforderlich.
Erste Priorität: Die Bau- und Renovationsarbeiten in Bellechasse, in deren Verlauf das baufällige Heim Tannenhof geschlossen und 40 neue Plätze am Hauptstandort geschaffen werden sollen, und dank derer es möglich sein wird, die notwendige physische Trennung zwischen offenem und geschlossenem Vollzug vorzunehmen. Der Bau eines Gesundheitszentrums wird zudem eine bessere medizinische Versorgung insbesondere jener Gefangener erlauben, die eine stationäre therapeutische Massnahme (Artikel 59 des Strafgesetzbuchs) vollziehen.
Untersuchungshaft in Bellechasse
Die ehemals dritte Priorität, der Umzug des Zentralgefängnisses, steht nun an zweiter Stelle der Vollzugsplanung. Entgegen dem Wunsch, den der Justizrat in seinem Postulat geäussert hatte, verwirft der Staatsrat jedoch die Idee der Schaffung eines Justizzentrums, in dem ein Untersuchungsgefängnis, die Staatsanwaltschaft und das Zwangsmassnahmengericht untergebracht würden. Tatsächlich haben die betroffenen Instanzen gegensätzliche Interessen. Beim Untersuchungsgefängnis verlangen insbesondere Überlegungen zur Sicherheit und zur Vermeidung der Kollusionsgefahr eine Ansiedlung ausserhalb urbaner Zentren und stark frequentierter Gegenden. Die Staatsanwaltschaft hingegen, die sich noch mit ihren aktuellen Räumlichkeiten begnügen kann, muss in erster Linie leicht erreichbar sein, namentlich für Anwältinnen und Anwälte, und bevorzugt deshalb einen Standort in der Stadt Freiburg. Beim Zwangsmassnahmengericht wiederum sind die aktuellen Räumlichkeiten unbefriedigend, sodass die SJD aktiv nach einer geeigneten Lösung in der Nähe der Staatsanwaltschaft sucht.
Der Staatsrat befürwortet deshalb die Option, das Untersuchungsgefängnis am Standort Bellechasse anzusiedeln. Diese Lösung bietet die beste Garantie in Sachen Sicherheit, ist rasch umsetzbar (da der Staat Eigentümer des Standorts ist) und erlaubt zudem zahlreiche Synergien und Effizienzgewinne. Mit der oben erwähnten Schaffung von 40 neuen Haftplätzen kann zunächst das Gebäude des vorzeitigen Strafvollzugs (VSV) für die Untersuchungshaft freigeräumt werden, sodass anschliessend noch 60 zusätzliche Haftplätze zu bauen sind. Der Staatsrat wird dem Grossen Rat diesen Herbst einen entsprechenden Antrag für einen Projektierungskredit vorlegen.
Therapiestation zurückgestellt
Die Schaffung einer Therapiestation mit 60 Plätzen, die als Ergänzung der Anstalt Curabilis in Genf im Rahmen des Konkordats der lateinischen Schweiz über den strafrechtlichen Freiheitsentzug an Erwachsenen gedacht ist, wird auf den dritten Platz der Prioritätenplanung verschoben. Zu gegebener Zeit ist vor dem Antrag für einen Projektierungskredit eine neue Bedarfsanalyse durchzuführen.
Die gesamte Vollzugsstrategie wurde von der Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoren der lateinischen Schweiz (LKJPD) und von der Verwaltungskommission der Freiburger Strafanstalt (FRSA) genehmigt.