«Le Livre noir no 4 (1516-1521)», der zweite Band der Bibliotheca Otolandana, der von Lionel Dorthe herausgegeben wurde, ist soeben erschienen: Er ist einem Strafgerichtsregister gewidmet, das Prozesse gegen den Abschaum der Schurken enthält, sei es ein angeblicher «Milch-Zieher»-Hexer, Wegelagerer, eine Kindsmörderin oder eine Frau, die einen geschickten Trick anwendet, um glauben zu lassen, dass ihr Kruzifix blutet. Der Ausdruck «Livre noir» (oder Schwartz Bůch in Altdeutsch) kommt von der Farbe seines Einbands, der mit Kohle geschwärzt wurde und so den Grad der Schwere und Niedertracht der darin enthaltenen Taten veranschaulicht. Die Prozesse sind in der Sprache des Angeklagten verfasst, mal auf Französisch, mal auf Deutsch, was beweist, dass in Freiburg Zweisprachigkeit herrscht. Diese Ausgabe wird von verwandten Quellen begleitet, wie Buchungsbelegen, Auszügen aus Regierungsprotokollen, in denen Todesurteile oder Entscheidungen über die Anwendung von Folter eingetragen sind. Im Anhang finden sich noch die Prozesse einer Räuberbande, die aus Estavayer stammte, aber in Lausanne abgeurteilt wurde.
Zur Erinnerung: Die Sammlung Bibliotheca Otolandana ist eine Anspielung auf die Freiburger Zweisprachigkeit: Die alte romanische Form, Otolanda, welche die Region bezeichnete, entwickelte sich zu Ohtelandon, dann Oechtlanden und schliesslich zur deutschen Form Üchtland (Freiburg im Üchtland). Der erste Band, «Das erste zweisprachige Notariatsregister von Freiburg (1407-1427)», der von Kathrin Utz Tremp herausgegeben wurde, ist letztes Jahr erschienen. Er ist dem ältesten zweisprachigen Notariatsregister (deutsch – lateinisch) gewidmet.
Die Bibliotheca Otolandana wird demnächst online zur Verfügung stehen, um einen allgemeinen und kostenlosen Zugang zu gewährleisten und das dokumentarische Erbe Freiburgs aufzuwerten. Mehrere künftige Ausgaben sind bereits in Vorbereitung: das Tagebuch eines Archivars (20. Jh.), das Tagebuch von Marcello (19. Jh.), die Freiburger Verfassungen (14. bis 18. Jh.), die Zweite Sammlung der Gesetze von Freiburg (15. Jh.); alle werden von Spezialisten auf ihrem Gebiet (Historiker, Archivare, Juristen, Philologen) betreut.chivistes, juristes, philologues).