Die Staatskanzlei veröffentlichte am 16. Oktober 2015 das Auszählungsergebnis der Unterschriften, die zur Unterstützung der Initiative "Gegen die Eröffnung eines Zentrums "Islam und Gesellschaft" an der Universität Freiburg: Nein zu einer staatlichen Imam-Ausbildung" eingereicht worden waren: Es wurden 8734 gültige Unterschriften gezählt. Der Staatsrat übermittelt heute dem Grossen Rat einen Dekretsentwurf und eine dazugehörige Botschaft zur Gültigkeit dieser Initiative (siehe nachfolgende Datei zum Download).
Gestützt auf die Rechtsgutachten von zwei anerkannten Verfassungsrechtsexperten, Professor Pascal Mahon von der Universität Neuenburg und Professor Benjamin Schindler von der Universität St. Gallen, gelangt der Staatsrat zum Schluss, dass die Initiative als ungültig zu erklären sei. Denn im Titel und im Text der Initiative wird das Verbot der Eröffnung eines akademischen Instituts für das Studium der islamischen Religion im schweizerischen Umfeld verlangt. Die Experten sind sich einig, dass ein solches Verbot - das auf einer konfessionellen Unterscheidung beruht und gegen die Angehörigen einer einzigen Religion gerichtet ist - diskriminierend wäre und folglich der Bundesverfassung klar zuwiderlaufen würde. Auch wenn der Initiativtext als allgemeine Anregung formuliert ist und der Grosse Rat die Bestimmung, die in die Freiburger Kantonsverfassung eingefügt werden soll, daher noch endgültig ausgestalten müsste, würde eine nicht diskriminierende Formulierung zwangsläufig stark vom Inhalt der Initiative abweichen. Der Staatsrat schliesst daraus, dass es nicht möglich ist, diese Initiative als gültig zu erklären.
Abgesehen von diesen formellen Erwägungen ist darauf hinzuweisen, dass das Schweizer Zentrum für Islam und Gesellschaft keine Imam-Ausbildung anbietet; diese wird sogar ausdrücklich aus seinen Aufgaben ausgeschlossen. Zu seinen Aufgaben gehört zum einen die Weiterbildung für Personen, die in ihrem Berufsalltag mit Muslimen in Berührung kommen, sei es in muslimischen Organisationen oder in schweizerischen Institutionen. Daneben beteiligt es sich an der wissenschaftlichen Forschung, wobei vor allem die interreligiösen Fragen und die Sozialethik im Vordergrund stehen. Es bietet zudem ein Doktoratsprogramm an, das sich mit der Frage befasst, wie die islamische Religion im gesellschaftlichen Umfeld der Schweiz ausgelegt und gelebt werden kann. Mit seiner Arbeit möchte das Schweizer Zentrum für Islam und Gesellschaft zum friedlichen Zusammenleben der verschiedenen Religionen in der Schweiz beitragen.
Die zwei Rechtsgutachten können auf der Webseite der EKSD konsultiert werden: http://www.fr.ch/safu/de/pub/universtat_freiburg.htm