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Die in der Vergangenheit realisierten zahlreichen Bach- und Flussverbauungen haben zusammen mit weiteren baulichen Massnahmen den Hochwasserschutz bedeutend verbessert und entscheidend zur wirtschaftlichen Entwicklung der gesamten Schweiz beigetragen.
Ein absoluter Schutz vor Hochwasser kann jedoch trotz dieser umfangreichen Arbeiten und Investitionen niemals erreicht werden. Ein Restrisiko bleibt stets bestehen. Die Ereignisse der letzten Jahren haben gezeigt, dass die Folgen aussergewöhnlicher Naturereignisse nur teilweise durch strukturelle Schutzmassnahmen (z.B. Dämme, Wasserrückhaltebecken…) bewältigt werden können.
Ein wirkungsvoller Hochwasserschutz bedingt demnach die Reduktion des Schadenpotenzials. Die Schutzziele werden entsprechend der vorliegenden Interessen festgelegt.
Um Schutzbedürfnisse beurteilen zu können, sind umfassende Kenntnisse über die hydrologischen Verhältnisse, die wasserbaulichen Voraussetzungen des Fliessgewässers und die massgebenden Gefahrenarten nötig. Bestehende Gefahren und Konflikte können durch die Dokumentation von Hochwassern, einschliesslich der Analyse der Ereignisse, der Ereigniskataster und der Gefahrenkarten erkannt werden. Die Gefahren sind in den Richt- und Nutzungsplänen zu berücksichtigen. Zudem müssen neue Anlagen und Bauten sofern möglich in Entfernung von Fliessgewässern gebaut werden. Dazu legt der Kanton den Raumbedarf des Fliessgewässers fest und berücksichtigt diesen im Richtplan und in den Nutzungsplänen. Er trägt ihm in sämtlichen raumwirksamen Tätigkeiten Rechnung.
Strukturelle Massnahmen – wie der Bau eines Wasserrückhaltebeckens oder von Dämmen – werden nur dann ergriffen, wenn die raumplanerischen Massnahmen nicht ausreichen, um einen angemessenen Schutz zu gewährleisten.
Es gibt keinen umfassenden Schutz vor Hochwassern und den von ihnen verursachten Gefahren. Zusätzlich zu den strukturellen und raumplanerischen Massnahmen müssen Einsätze in Notfallsituationen geplant und organisiert werden. Dabei ist entscheidend, dass sich die zuständigen Behörden über die Gefahren im Zusammenhang mit Hochwassern auf lokaler und regionaler Ebene bewusst sind. Gefahrbringende Situationen müssen rasch erkannt werden, um die Bevölkerung auf dem Laufenden zu halten und die Sicherheitsdienste zu alarmieren. Werden Extremereignisse früh genug erkannt, können Sofortmassnahmen getroffen werden, um die Schäden zu reduzieren.
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Hochwasser können sowohl für Personen als auch für Güter eine Gefahr darstellen. Um Personen und Güter besser vor Hochwasser zu schützen, hat die kantonale Naturgefahrenpolitik zum Ziel, potenzielle Schäden auf ein akzeptables Niveau zu reduzieren. Dabei darf aber nicht vergessen gehen, dass eine absolute Sicherheit nicht möglich ist und selbst nach Ergreifen aller möglichen Schutzmassnahmen ein Restrisiko bleibt.
Die oberste Pflicht des Kantons besteht in der Festlegung und Beschreibung der Gefahrenzonen. Sodann sind der Reihe nach die folgenden Grundsätze zu berücksichtigen:
- Vermeidung, Begrenzung bzw. Verminderung potentieller Schäden durch vorbeugende raumplanerische Massnahmen, die eine der Gefahrensituation angepasste Bodennutzung ermöglichen, und eine Verringerung der Gefährdung von Personen oder wichtigen Sachwerten bewirken (passive Massnahmen).
- Verminderung potentieller Gefahren durch die Ausführung von baulichen Schutzmassnahmen in den Fliessgewässer für die Bereiche, in denen eine schützenswerte Bodennutzung besteht, dies nachdem alle zweckmässigen vorbeugenden Massnahmen ergriffen worden sind (aktive Massnahmen).
- Planung von Notfallmassnahmen (Alarmsysteme, Überwachung, Warndienste, Evakuation usw.), um das nach Realisierung der Vorbeuge- und Schutzmassnahmen noch bestehende Restrisiko weiter zu reduzieren, insbesondere wenn sich diese Massnahmen als ungenügend oder unverhältnismässig erweisen sollten.
Wie diese Übersicht zeigt, ist der Hochwasserschutz in erster Linie durch den Unterhalt der Gewässer und durch raumplanerische Massnahmen zu gewährleisten. Bauliche Massnahmen wie etwa der Bau von Dämmen oder Rückhaltebecken werden erst subsidiär und in Übereinstimmung mit den einschlägigen Gesetzen von Bund und Kanton getroffen.
Der Unterhalt hat zum Ziel, den bestehenden Hochwasserschutz aufrecht zu erhalten. Er ist zudem unerlässlich für die Erhaltung der natürlichen Fliessgewässer. Er umfasst alle technischen Eingriffe wie die Reinigung der Bachbette, die Pflege der Ufervegetation, die Entfernung von Geschiebeablagerungen sowie den üblichen Unterhalt der Schutzbauten. Der Unterhalt soll ein ungehindertes Abfliessen von Hochwasser gewährleisten, ohne die Eigenschaften der Fliessgewässer zu verändern.
Die planerischen Massnahmen zielen hauptsächlich darauf ab, die Zweckbestimmung und Nutzung des Bodens unter Berücksichtigung der Risiken und möglichen Gefahren festzulegen. Sie stützten sich auf Grundlagenstudien über die Naturgefahren und auf Risikoanalysen.
Strukturelle Massnahmen umfassen Eingriffe in die Fliessgewässer, deren Zweck der Schutz der Ufer und Uferzonen vor eventuellen Überschwemmungen oder Erosionen ist. Die Bandbreite der strukturellen Massnahmen ist gross und reicht von Dämmen, Buhnen, Schwellen, Blockwurf, Rückhaltebecken über Fluss- oder Bachbettabsenkungen bis hin zu Geschiebesammlern, Holzrechen, begrünten Holzkasten, Flechtzäunen, Astschichten, Faschinen, Steckhölzern etc.
Bei Eingriffen ins Gewässer muss der natürliche Verlauf möglichst beibehalten oder gegebenenfalls wiederhergestellt werden. Gewässer und Gewässerraum müssen so gestaltet werden, dass sie einer vielseitigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können und die Wechselwirkungen zwischen ober- und unterirdischen Gewässern weitgehend erhalten bleiben. Neben der Verbesserung des Hochwasserschutzes sind auch die Umweltaspekte zu berücksichtigen: Die natürliche Dynamik soll begünstigt, die Landschaft aufgewertet und die Vernetzung der Lebensräume gefördert werden.
Die Schutzmassnahmen müssen auf regionaler Ebene im Rahmen des Richtplans des Einzugsgebiets geplant werden. Der Richtplan gibt die Fristen, die notwendigen Finanzmittel und die Ausführungsverantwortlichen vor. Er muss von allen Gemeinden aus demselben Einzugsgebiet erstellt werden. Die Gemeinden sind direkt für die Überwachung der Fliessgewässer auf ihrem Gebiet verantwortlich. Die Ausbau-, Instandsetzungs- und Unterhaltsarbeiten, die im Richtplan des Einzugsgebiets vorgesehen sind oder aufgrund einer Naturgewalt notwendig werden (dringliche Arbeiten) können subventioniert werden.
Auch nach der Umsetzung von Schutzmassnahmen bleibt ein Restrisiko bestehen. Um dieses zu bewältigen, muss die Wirksamkeit der geplanten Massnahmen im Überlastfall, also bei extremen Hochwasserereignissen, überprüft werden. Die Schutzmassnahmen sind durch eine Notfallplanung sowie durch eine entsprechende Notfallorganisation zu ergänzen. Warnsysteme ermöglichen ein frühzeitiges und gezieltes Ergreifen von Präventionsmassnahmen.
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Die Gefahrenkarten zeigen die Zonen an, die potenziell durch eine Naturgefahr bedroht sind. Sie stellen wissenschaftliche Instrumente dar, mit denen die Gefahrenstufe eines natürlichen Prozesses unabhängig von der Bodenbedeckung ermittelt werden kann. Indem man sie mit den ausgesetzten Objekten in eine Beziehung setzt, können die Schutzdefizite identifiziert werden.
Die Gefahrenkarten dienen vor allem als Grundlagen für die Raumplanung. Das Amt für Umwelt ist für die Gefahrenkarten im Zusammenhang mit Hochwassern an Fliessgewässern sowie mit Murgängen verantwortlich. Generell werden zwei Arten von Karten unterschieden:
- Gefahrenkarten oder detaillierte Gefahrenkarten: Grundsätzlich werden die detaillierten Gefahrenkarten ausschliesslich für die Bauzonen erstellt. Sie unterscheiden vier Gefahrenstufen: erhebliche Gefährdung (rot), mittlere Gefährdung (blau), geringe Gefährdung (gelb) und Restgefährdung (gelb-weiss schraffiert).
- Gefahrenhinweiskarten: Die Gefahrenhinweiskarten werden ausserhalb der Bauzonen erstellt. Sie bieten eine gröbere Übersicht und geben keine Auskunft über die Gefahrenstufe, sondern geben nur an, ob ein bestimmter Sektor potenziell überschwemmbar ist oder nicht.
Die Gefahrenkarten für Fliessgewässer finden Sie online.
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Die Beobachtung und die Vorhersage der Abflüsse sind integrale Bestandteile des Hochwasserschutzes. Sie ergänzen die raumplanerischen und strukturellen Schutzmassnahmen. Vor und während eines Extremereignisses ermöglichen es diese Informationen, vor Ort Schutzmassnahmen zu treffen (z.B. Schutz der Bevölkerung und von sensiblen Objekten). Anhand der Vorhersage von Abflüssen können auch Probleme im Zusammenhang mit Wasserknappheit antizipiert werden.
2011 hat der Staat in Zusammenarbeit mit Groupe E ein Instrument für die Hochwasserprognose an der Saane entwickelt. Dieses Prognoseinstrument soll nun auf weitere Fliessgewässer des Kantons ausgeweitet werden.
Der Staat erneuert zurzeit sämtliche Messgeräte und Datenverarbeitungsverfahren, damit die Beobachtungen und die Vorhersagen der Abflüsse demnächst auf einer öffentlichen Internetplattform publiziert werden können.
Mehr dazu
- Hochwasserschutz an Fliessgewässern, Wegleitung, Bundesamt für Umwelt
- Online-Karten des Kantons Freiburg (Thema Naturgefahrten)
- Nationale Plattform Naturgefahren PLANAT
- Naturgefahren - Bundesamt für Umwelt
- Jura-Gewässer-Korrektion
- Aktuelle hydrologische Daten - Bundesamt für Umwelt
- Canton de Vaud, veille hydrologique
- Kanton Bern, aktuelle Wasserdaten
- MeteoSchweiz