Bis Ende der 1970er-Jahre war der Wasserbau in der Schweiz beinahe ausschliesslich auf den Hochwasserschutz und den Gewässerunterhalt ausgerichtet. Die während dieser Zeit realisierten Bauten haben stark zur wirtschaftlichen Entwicklung eines Teils der Schweiz beigetragen, auf der anderen Seite hingegen zahlreiche Fliessgewässer beeinträchtigt - und zwar sowohl in Bezug auf Ökologie und Umwelt, als auch in sozialer Hinsicht.
Laut einem Bericht über die Strukturen der Fliessgewässer in der Schweiz aus dem Jahr 2009 sind 22% aller Fliessgewässer in der Schweiz in einem schlechten Zustand (14'000 km) und ihr Gewässerraum wurde so stark reduziert, dass die Flusssohlen mit 101'000 künstlichen Hindernissen stabilisiert werden mussten. Im Mittelland, wo sich unter dem Gesichtspunkt der Grundwassererneuerung, der Trinkwasserversorgung, der natürlichen Vielfalt und der Landschaftsgestaltung ökologisch wertvolle Fliessgewässer befinden, sind rund 40% der Fliessgewässer verbaut. Die natürliche Vielfalt in und entlang der Fliessgewässer ist stark reduziert, die Fischwanderung oft unterbrochen und die Landschaften sind durch die fehlenden Gewässerstrukturen verarmt, was den Erholungswert der Gewässer für die Bevölkerung mindert. Zudem wird die Selbstreinigungskraft der Gewässer verringert.
Im Kanton Freiburg zeigen die Ergebnisse, dass 34% der Fliessgewässer, also ungefähr 800 km, stark verbaut oder sogar eingedolt sind. Entsprechend gehen die natürliche Artenvielfalt und die Selbstreinigung des Gewässers zurück, die Fischwanderung wird unterbrochen und die Landschaft banalisiert.
Im Dezember 2009 hat das Schweizer Parlament beschlossen, dass die Fliessgewässer und Seen revitalisiert werden müssen. Das Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (GSchG) vom 24. Januar 1991 wurde geändert und am 1. Januar 2011 sind neue Bestimmungen in Kraft getreten. Die Änderungen verpflichten insbesondere die Kantone zur Revitalisierung der Gewässer. Dazu wurden die Bundessubventionen für die Revitalisierung der Fliessgewässer beträchtlich aufgestockt.
Auf kantonaler Ebene hat der Freiburger Grosse Rat im Dezember 2009 ein neues Gewässergesetz verabschiedet. Das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz sieht die Revitalisierung als Ziel des Wasserbaus an Fliessgewässern vor und beinhaltet Bestimmungen zur Förderung der Revitalisierung. Insbesondere sind zusätzliche Subventionen vorgesehen, um Revitalisierungsprojekte zu unterstützen.
Während der nächsten 80 Jahre müssen im Kanton 206 km Fliessgewässer revitalisiert werden, was 3 Kilometern pro Jahr entspricht. Mehrere Dutzend Kilometer Fliessgewässer wurden in Freiburg bereits revitalisiert (z.B. die Broye in
Villeneuve) oder befinden sich zurzeit in der Projektphase (z.B. Broye bei Avenches, Kleine Glane). Allerdings werden wegen bestehender Konflikte betreffend Bodennutzung oder finanzieller Aspekte nur wenige der Revitalisierungsprojekte
umgesetzt.